Überstunden – rechtlicher Hintergrund
Wie viel ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin in der Woche arbeiten muss, ergibt sich aus dem Arbeits- oder dem Tarifvertrag – in den meisten Fällen sind es zwischen 35 und 40 Stunden die Woche. Alles, was darüber hinaus geht, wird als Überstunde gewertet. Geleistet werden müssen Überstunden im Normalfall nicht. Auch können Überstunden nicht unbegrenzt gesammelt werden. Nach Paragraph 3 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) dürfen Beschäftigte maximal acht Stunden am Tag arbeiten. Da auch der Samstag als Arbeitstag gewertet wird, ergibt sich so eine maximale Wochenarbeitszeit von 48 Stunden. Auch bis zu zehn Stunden dürfen Arbeitnehmende am Tag arbeiten, wenn der Durchschnitt innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen trotzdem bei acht Stunden täglich liegt.
Überstunden und Mehrarbeit – Was ist der Unterschied?
Die Begriffe Überstunde und Mehrarbeit werden oft synonym genutzt. Rein rechtlich gibt es hier aber einen Unterschied. Wer mehr arbeitet, als der Arbeits- oder Tarifvertrag vorgibt, sich aber immer noch im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben bewegt, macht Überstunden. Wer die rechtlichen Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) von acht Stunden am Tag überschreitet, macht hingegen Mehrarbeit. Wer in Teilzeit arbeitet und mehr arbeitet, als es im Arbeitsvertrag festgelegt ist, macht also Überstunden, keine Mehrarbeit.
Können Überstunden angeordnet werden?
Grundsätzlich sind Beschäftigte nicht dazu verpflichtet, Überstunden zu leisten. Auch das Direktionsrecht ermächtigt Arbeitgebende nicht zur Anweisung von Überstunden. Das Direktionsrecht bezieht sich auf das Recht des Arbeitgebenden, die Arbeitsleistung seiner Beschäftigten zu bestimmen, zu organisieren und zu überwachen – und zwar im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen. Gibt es keine schriftliche Regelung zu möglichen Überstunden, müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diese deshalb auch nicht leisten. Überstunden können also nur angeordnet werden, wenn diese vorher klar im Arbeits- oder Tarifvertrag kommuniziert wurden. Auch die Anzahl der zu leistenden Überstunden muss vertraglich definiert sein: Für Beschäftigte muss transparent sein, was im Höchstfall auf sie zukommen kann.
Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, sieht § 87 Betriebsverfassungsgesetz (Absatz 1, Nr. 3) vor, dass dieser in die Entscheidungsprozesse bezüglich Überstunden einbezogen werden muss. Der Betriebsrat besitzt ein Mitbestimmungsrecht und muss daher jeder Anordnung von Überstunden zustimmen. Sollte dieser Schritt nicht erfolgen oder der Betriebsrat übergangen werden, sind Beschäftigte nicht dazu verpflichtet, Überstunden zu leisten. Sein Beteiligungsrecht kann der Betriebsrat auch durch eine Betriebsvereinbarung ausüben – auf diese Weise müssen Arbeitgebende und Betriebsrat nicht bei jeder einzelnen Überstunde kommunizieren.
Nur in Ausnahmefällen dürfen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auch ohne vorherige vertragliche Vereinbarung Überstunden anordnen: wenn unvorhersehbare Katastrophen und Notfälle die Existenz des Unternehmens bedrohen. Diese Situation sind allerdings äußerst selten – Kapazitätsengpässe oder ein plötzlich erhöhtes Arbeitspensum gehören nicht dazu.
Folgende Gruppen dürfen Arbeitgebende nicht anweisen, Überstunden zu machen:
- Minderjährige: Jugendliche unter 18 Jahren dürfen gemäß Paragraph 8 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) keine Überstunden leisten, um ihre Gesundheit und Sicherheit zu schützen.
- Schwangere und stillende Mütter: Gemäß Paragraph 4 Mutterschutzgesetz dürfen schwangere Frauen und stillende Mütter keine Überstunden leisten, da dies ihre Gesundheit und die Gesundheit des Kindes gefährden könnte.
- Schwerbehinderte Menschen: Arbeitgebende sind nach Paragraph 207 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) verpflichtet, Schwerbehinderte auf ihren Wunsch hin von Mehrarbeit freizustellen.
Überstunden auszahlen
Haben Mitarbeitende Überstunden geleistet, müssen diese kompensiert werden. Unbedingt vergütet werden, müssen sie allerdings nicht. Auch ein Freizeitausgleich kommt in Frage. Dies sollte unbedingt im Arbeits-, Tarifvertrag oder in der Betriebsvereinbarung geregelt sein. Werden Überstunden vergütet, bekommen Beschäftigte für jede Überstunde den ihnen zustehenden Stundenlohn.
Erkranken Mitarbeitende während Arbeitgebende Überstunden anordnen, so muss lediglich der Grundlohn ausgezahlt werden. Überstunden werden nur bei tatsächlich geleisteter Arbeit ausgezahlt.
Leisten Mitarbeitende freiwillig Überstunden, ohne dass Arbeitgebende sie dazu aufgefordert haben, müssen auch diese ausgeglichen werden – hier geht das deutsche Recht von der Billigung oder Duldung von Überstunden aus. Falls Arbeitgebende dies nicht wünschen, müssen sie Arbeitnehmende aktiv nach Hause schicken, sobald sie Überstunden bemerken.
Können Überstunden mit dem Lohn abgegolten werden?
Bei der Abgeltung von Überstunden mit dem Lohn, müssen Arbeitgebende vorsichtig sein. Arbeitsverträge, die vorsehen, dass Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind, sind rechtlich nicht zulässig. In diesen Fällen ist nicht klar, wie viele Überstunden erfasst werden sollen – für Beschäftigte muss hinreihend klar ersichtlich sein, wie viele Überstunden sie im Höchstfall leisten sollen und was oder wie viel sie dafür bekommen.
Abgeltungsklauseln, die den Umfang der Überstunden genau beziffern, sind hingegen wirksam: Gibt der Arbeitsvertrag vor, dass pro Woche bis zu vier Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind, ist das rechtlich zulässig. Angemessen sind Abgeltungsklauseln im Umfang bis zu zehn Prozent.
Bei leitenden Angestellten, die ein überdurchschnittliches Gehalt beziehen, können Überstunden mit dem regulären Arbeitslohn abgegolten werden.