Nachtzuschlag: Berechnung, gesetzliche Regelungen und Beispiele

Nachtarbeit am Laptop

In unserer globalisierten Welt arbeiten Unternehmen rund um die Uhr und die Arbeitszeit ist nicht mehr an traditionelle Tageszeiten gebunden. Beschäftigte arbeiten oft zu ungewöhnlichen Zeiten, um den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden. Wer regelmäßig oder dauerhaft nachts arbeitet, ist jedoch besonderen Belastungen ausgesetzt. Diese soll der Nachtzuschlag ausgleichen. Was das genau ist, wann und wie die Zulage gewährt wird und in welchen Fällen sie steuerfrei ist, erfährst du in diesem Artikel.

Inhalt

Was ist Nachtzuschlag?

In der Pflege, der Industrie, im Straßenbau – in vielen Branchen sind Unternehmen auf Mitarbeitende angewiesen, die nachts arbeiten. Wer regelmäßig oder gar dauerhaft nachts arbeitet, ist besonderen körperlichen und psychischen Belastungen ausgesetzt:

Durch die Störung des natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus können sich nicht nur Schlafstörungen, eine verlangsamte Reaktionszeit und dadurch Arbeitsunfälle ergeben. Auch das Risiko von Herzkreislauf-Erkrankungen, einer Diabetes- oder Krebserkrankung erhöht sich. Wer arbeitet, während die Mehrheit der Bevölkerung frei hat, erleidet darüberhinaus gesellschaftliche Nachteile.

Um diese Risiken und Nachteile auszugleichen, gibt es den Nachtzuschlag. Dieser ergibt sich aus dem Tarifvertrag, der Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag, ist aber spätestens durch §6 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) gesetzlich geregelt. Danach haben Nachtarbeitende einen gesetzlichen Anspruch auf „eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das [ihnen] hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt".

Bestehen in einem Unternehmen also keine Regelungen durch einen Tarifvertrag, müssen Arbeitgebende ihren Beschäftigten die Nachtarbeit entweder durch bezahlte Freizeit oder Extrazahlungen ausgleichen. Die Vergütung muss dabei separat auf der Lohnabrechnung ausgewiesen sein – dies gewährleistet die Transparenz und stellt sicher, dass Arbeitnehmende ihre Ansprüche auch nachvollziehen können.

Ab wann wird Nachtzuschlag gezahlt?

Wer wann die Nachtzulage erhält, ist klar in §2 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) geregelt:

Wer regelmäßig Nachtarbeit in Wechselschicht leisten muss oder an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit verrichtet, entspricht den Kriterien einer Nachtarbeitnehmerin der eines Nachtarbeitnehmers. Diese bekommen bei einer Tätigkeit von mehr als zwei Stunden im Zeitraum zwischen 23 und 6 Uhr den Nachtzuschlag. Bei Bäckereien oder Konditoreien gilt der Zeitraum von 22 bis 5 Uhr als Nachtarbeitszeit.

In Tarifverträgen kann dies anders geregelt sein – jedoch nicht zum Nachteil der Beschäftigten.

Wichtig ist, dass der Nachtzuschlag nur für tatsächlich geleistete Arbeit ausgezahlt werden muss. Wer aufgrund von Krankheit oder anderen Gründen nicht während der Nachtzeit arbeiten kann, hat keinen Anspruch auf den Nachtzuschlag.

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Wie wird der Nachtzuschlag berechnet?

Angemessen muss der Zuschlag sein – so lautet es in Absatz 5 §6 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG). Doch was heißt das nun genau? Das lässt das Gesetz offen. Präzisiert hat das das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 9. Dezember 2015, als ein LKW-Fahrer einer tarifungebundenen Logistik- und Paketdienstleistungsgruppe klagte. In seinem Urteil legt das Bundesarbeitsgericht einen Zuschlag von 25% auf den jeweiligen Bruttostundenlohn als angemessen fest. Auch eine entsprechende Anzahl von bezahlten freien Tagen kommt als Ausgleich in Frage. Wer nicht nur regelmäßig sondern ausnahmslos in Nachschicht arbeitet, hat laut dem Bundesarbeitsgericht einen Anspruch auf 30% mehr Lohn oder auf eine entsprechende Anzahl von bezahlten freien Tagen für diese Zeit.

Besteht während der Nacht eine geringere Arbeitsbelastung als tagsüber – etwa beim Bereitschaftsdienst – können Arbeitgebende die Höhe der Nachtzulage reduzieren.

Berechnet wird der Arbeitslohn für die Nachtarbeit ganz einfach:

Nachtarbeitsstunden x Bruttostundenlohn x Prozent Nachtzuschlag

Um die Berechnung zu verdeutlichen, hilft ein Beispiel aus der Praxis:

Marco arbeitet in einem Logistikunternehmen, das tarifungebunden ist. Er ist Teil des Teams, das in Wechselschichten tätig ist, und übernimmt regelmäßig Nachtschichten von 21 bis 6 Uhr morgens. Sein Stundenlohn beträgt 25 Euro. Laut Gesetz stehen ihm von 23 bis 6 Uhr ein Nachtzuschlag von 25 Prozent zu. Da er von 1 Uhr bis 2 Uhr eine Pause macht, wird eine Nachtarbeitsstunde abgezogen, er arbeitet also 6 Stunden als Nachtarbeitnehmer. In dieser Zeit erhält er zusätzlich zu seinem regulären Stundenlohn von 25 Euro einen Nachtzuschlag von 25 %, was einem Zuschlag von 6,25 Euro pro Stunde entspricht (25 Euro x 0,25).

Wenden wir nun obige Formel an, um Marcos Nachtarbeitslohn zu errechnen:

6 (Nachtarbeitstunden) x 25 (Euro Brutto) x 1,25 (Nachtzuschlag) = 187,50 Euro

Marco bekommt für seine Arbeit in der Zeit zwischen 23 und 6 Uhr also 187,50 Euro. Für die beiden Stunden zwischen 21 und 23 Uhr bekommt er außerdem seinen regulären Stundenlohn von 50 Euro. Für seine gesamte Schicht erhält Marco also einen Bruttoarbeitslohn von 237,50 Euro.

Sollte Marco in die Dauernachtschicht wechseln, stehen ihm 30 Prozent Nachtzuschlag zu:

6 (Nachtarbeitstunden) x 25 (Euro Brutto) x 1,30 (Nachtzuschlag) = 195 Euro

Als Nachtarbeiter in der Dauernachtschicht würde Marco 195 Euro für die Nachtarbeit sowie 50 Euro für die Zeit zwischen 21 und 23 Uhr erhalten, also insgesamt einen Bruttoarbeitslohn von 245 Euro.

Ab wann ist Nachtzuschlag steuerfrei?

In gewissen Fällen ist der Nachtzuschlag steuerfrei. Das gilt nicht nur für tarifungebundene Unternehmen, sondern auch für Unternehmen, die den Nachtzuschlag im Tarifvertrag, der Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag regeln und somit höhere Zulagen zahlen oder die Nachtarbeitszeit länger definieren. Die Steuerfreiheit aller Zuschläge ist klar in § 3b Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt.

Steuerfrei ist der Nachtzuschlag, wenn er folgende Anteile des Bruttoarbeitslohns nicht übersteigt:

  • 25% für Nachtarbeit in der Zeit zwischen 20 und 06 Uhr
  • 40 % für Nachtarbeit in der Zeit von 0 bis 4 Uhr, wenn die Nachtarbeit vor 0 Uhr aufgenommen wird
  • 50 % in der Zeit von 0 bis 4 Uhr, wenn der vorherige Tag ein Sonntag war
  • 125 % in der Zeit von 0 bis 4 Uhr, wenn der vorherige Tag ein Feiertag war
  • 150 % in der Zeit von 0 bis 4 Uhr, wenn der vorherige Tag ein besonderer Feiertag war (als besonderer Feiertag gilt in Deutschland der 24, 25.- 26.12 und der 01.05.)

Der Bruttostundenlohn darf außerdem 50 Euro nicht übersteigen. Bei mehr als 50 Euro die Stunde, wird der Teil versteuert, der über 50 Euro liegt.

Wenn der Grundlohn eine Maximalgrenze von 25 Euro nicht übersteigt, fallen auch die Sozialversicherungsbeiträge beim Nachtzuschlag weg.

Verdeutlichen wir das Thema der Steuerfreiheit nochmal am Beispiel von Marco:

Sein Nachtzuschlag von 25 Prozent übersteigt weder die Maximalgrenzen von § 3b Einkommensteuergesetz (EStG), noch übersteigt sein Bruttostundenlohn die Grenzen von 25 oder 50 Euro. Marco muss daher weder Einkommensteuern noch Sozialversicherungsbeiträge für seinen Nachtzuschlag zahlen.

Nachtzuschlag Beispiele

Aufgrund seiner Komplexität kann das Thema Nachtzuschlag verwirrend sein. Folgende drei Beispiele sollen Klarheit bringen:

Fallbeispiel 1: Erfüllung der Kriterien für Nachtarbeit

Anna arbeitet in einem Callcenter, das auch nachts geöffnet ist. Eigentlich arbeitet sie nur tagsüber. Da nun aber ihr Kollege Sven für drei Monate krank geschrieben wurde, erklärt sie sich bereit in dieser Zeit seine Schicht von 23 bis 8 Uhr zu übernehmen. Anna erhält für die Zeit zwischen 23 und 6 Uhr einen Nachtzuschlag. Zwar arbeitet sie nicht regelmäßig in Nachtschicht, erfüllt aber die Voraussetzung von mindestens 48 Tagen Nachtarbeit im Kalenderjahr. Für die letzten zwei Stunden ihrer Arbeit bekommt sie ihren regulären Stundenlohn.

Fallbeispiel 2: Kein Anspruch auf Nachtarbeit

Linus arbeitet als Architekt in einem Büro und ist zu regulären Arbeitszeiten am Tag tätig. Aufgrund eines wichtigen Auftrags arbeitet Linus an drei aufeinanderfolgenden Nächten von 22 bis 4 Uhr morgens. Da dies keine regelmäßige Nachtarbeit ist und Linus nicht die Kriterien für Nachtarbeit erfüllt, hat er keinen Anspruch auf den Nachtzuschlag gemäß den gesetzlichen Bestimmungen.

Fallbeispiel 3: Kein Anspruch auf Nachtarbeit

Aylin arbeitet in einem Supermarkt, der bis Mittnacht geöffnet ist. Nach der Schließung des Marktes muss sie immer noch eine Weile aufräumen und macht dann um 00:30 Uhr Feierabend. Aylins Schicht dauert regelmäßig von 18:00 bis 00:30 Uhr. Aylin bekommt für die Zeit zwischen 23:00 und 00:30 Uhr keinen Nachtzuschlag, da sie die Mindestdauer von zwei Stunden zwischen 23 und 6 Uhr nicht erfüllt.

Gesundheits-Tipps

Der Nachtzuschlag kann die erhöhte Belastung während der Nachtarbeit nur bedingt ausgleichen. Noch wichtiger ist es, ausreichend auf die Gesundheit zu achten. Folgende Tipps sollten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bei der Organisation der Schichtpläne beachten:

  • Beachte die Chronotypen deiner Mitarbeitenden: Menschen haben unterschiedliche biologische Rhythmen, daher ist es wichtig, Schichtpläne entsprechend anzupassen.
  • Plane kurze Nachtschichten mit ausreichenden Pausen ein: Dies hilft, die Belastung für die Mitarbeiter zu reduzieren und ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten.
  • Implementiere vorwärts rotierende Schichtpläne: Beschäftigte bevorzugen die Reihenfolge von Nachtschicht, Frühschicht und Spätschicht.
  • Stelle eine langfristige und zuverlässige Einsatzplanung sicher: Mitarbeiter benötigen Planungssicherheit, um ihre Arbeit und ihr Privatleben gut zu koordinieren.
  • Biete regelmäßige Schulungen an: Schulungen zu Themen wie Arbeitszeitmanagement, Stressbewältigung und Gesundheitsförderung können dazu beitragen, die Mitarbeitenden besser auf die Anforderungen ihrer Schichtarbeit vorzubereiten und ihre Arbeitsfähigkeit zu verbessern.
  • Ermögliche Flexibilität bei der Urlaubsplanung: Gewähre deinen Beschäftigten die Möglichkeit, ihre Urlaubstage flexibel zu planen, um sicherzustellen, dass sie ausreichend Erholungszeiten zwischen den Schichten haben und ihre Arbeitsbelastung besser bewältigen können.
  • Schaffe eine angenehme Arbeitsumgebung: Gestalte den Arbeitsplatz so angenehm und komfortabel wie möglich, um die Arbeitszufriedenheit und das Wohlbefinden deiner Beschäftigten zu fördern. Das kannst du beispielsweise durch eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, ausreichende Beleuchtung und Lärmreduzierung erreichen.

Fazit

In vielen Branchen ist die Nachtarbeit unvermeidlich. Damit einher gehen allerdings besondere Belastungen für die Beschäftigten, die nicht nur körperlicher, sondern auch psychischer Natur sind. Der Nachtzuschlag dient dazu, diese Belastungen auszugleichen. Ergibt sich dieser nicht bereits aus einem Tarifvertrag, der Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag, so ist er durch §6 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) gesetzlich geregelt. In den meisten Fällen ist die Zulage darüberhinaus steuer- und sozialversicherungsfrei. Neben der finanziellen Entschädigung ist es ebenso wichtig, die Gesundheit der Nachtarbeitenden zu schützen. Eine sorgfältige Planung der Schichtpläne unter Berücksichtigung individueller Bedürfnisse, ausreichende Pausenzeiten und Schulungen zu Gesundheitsthemen sind entscheidende Maßnahmen, um die Arbeitsbedingungen in der Nacht zu verbessern und die Gesundheit der Mitarbeitenden zu fördern.

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