Was ist der Mindestlohn und warum gibt es ihn?
Der gesetzlich festgelegte Betrag, den Arbeitgebende ihren Beschäftigten pro Arbeitsstunde zahlen müssen, nennt man Mindestlohn. In Deutschland wurde er am 1. Januar 2015 eingeführt. Zuvor regelten größtenteils Arbeitgebende und Gewerkschaften die Löhne und Arbeitsbedingungen und legten sie in Tarifverträgen fest. Doch gerade in Branchen wie dem Einzelhandel, der Gastronomie und bei Reinigungsdiensten gab es keine verbindlichen Lohnvorgaben – Niedriglöhne machten es oft schwer, mit einer Vollzeitstelle den Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Mindestlohn sollte diese Lücke schließen und sicherstellen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fair entlohnt werden und ein existenzsicherndes Einkommen erhalten.
Vor der Einführung des Mindestlohns hatten Beschäftigte mit niedrigen Löhnen zudem oft wenig Verhandlungsmacht gegenüber ihren Arbeitgebenden. Der Mindestlohn bietet Beschäftigten eine Basis, um ihre Lohnforderungen zu begründen und stärkt so ihre Position in Verhandlungen. Zugleich schützt er sie vor Ausbeutung durch Arbeitgebende. Der Mindestlohn fungiert somit als Werkzeug, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Interessen von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden zu schaffen und eine gerechtere sowie stabilere Arbeitswelt zu fördern.
Seit seiner Einführung im Jahr 2015 ist der Mindestlohn kontinuierlich gestiegen. Die regelmäßige Anpassung berücksichtigt die wirtschaftliche Entwicklung und die Inflation. Aktuell liegt er bei 12,41 Euro pro Stunde.
Für wen gilt der Mindestlohn?
Der gesetzliche Mindestlohn gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland.
Es gibt jedoch einige Ausnahmen und Sonderregelungen, für die der Mindestlohn nicht gilt:
- Minderjährige ohne abgeschlossene Berufsausbildung: Für Jugendliche unter 18 Jahren gelten besondere Regelungen. Der Mindestlohn kann für sie niedriger sein, wenn sie keine abgeschlossene Berufsausbildung haben und ihre Beschäftigung der Berufsorientierung dient. In diesem Fall kann eine Ausbildungsvergütung gezahlt werden, die unter dem gesetzlichen Mindestlohn liegt.
- Langzeitarbeitslose: Langzeitarbeitslose, die älter als 25 Jahre sind können in den ersten sechs Monaten einer neuen Beschäftigung vom Mindestlohn ausgenommen werden. Das soll ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt erleichtern. Nach Ablauf dieser sechs Monate haben sie jedoch Anspruch auf den vollen Mindestlohn.
- Praktikanten: Pflichtpraktika im Rahmen einer schulischen oder akademischen Ausbildung sind vom Mindestlohn ausgenommen. Auch Praktika, die zur Orientierung auf dem Arbeitsmarkt dienen und nicht länger als drei Monate dauern, können unter Mindestlohn bezahlt werden. Freiwillige Praktika, die länger als drei Monate dauern, müssen jedoch nach Mindestlohn bezahlt werden.
- Auszubildende: Wer eine Berufsausbildung absolviert, hat keinen Anspruch auf den Mindestlohn. Für sie gelten die Ausbildungsvergütungen gemäß den tarifvertraglichen oder gesetzlichen Bestimmungen.
- Selbstständige: Selbstständige und freie Mitarbeitende stehen nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und fallen daher nicht unter die Mindestlohnregelung. Sie vereinbaren ihre Vergütung direkt mit ihren Auftraggebern.
Versteckte Gefahr: Geringfügig Beschäftigte
Wer Arbeitnehmende auf Minijob- oder Midijob-Basis beschäftigt, muss beim Thema Mindestlohn besonders aufpassen. Geringfügig Beschäftigte haben nicht nur einen Anspruch auf den Mindestlohn, sie trifft auch eine monatliche Verdienstobergrenze, die nicht überschritten werden darf. Bei einem erhöhten Arbeitspensum kann der rechnerisch gezahlte Stundenlohn schnell versehentlich den Mindestlohn unterschreiten. Aus diesem Grund sollten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ein Zeiterfassungssystem etablieren, das sie warnt, sobald die Arbeitszeit den Mindestlohn ihrer geringfügig Beschäftigten bedroht. Bei einer unangemeldeten Prüfung durch den Zoll oder die Sozialversicherung müssen Arbeitgebende die Stundenaufzeichnungen sofort vorzeigen können.
Die Verdienstgrenze liegt bei Minijobberinnen und Minijobbern aktuell bei 538 Euro im Monat. Midijobberinnen und Midijobber dürfen zwischen 538,01 Euro und maximal 2.000 Euro verdienen. Demnach dürfen Minijobberinnen und Minijobber aktuell maximal 43,35 Stunden pro Monat arbeiten:
538 Euro (Verdienstgrenze) / 12,41 Euro (Mindestlohn 2024) = 43,35 Arbeitsstunden
Was geschieht bei Verstößen?
Verstöße gegen das Mindestlohngesetz (MiLoG) werden äußerst streng geahndet und können schwerwiegende Konsequenzen für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit sich bringen. Können Arbeitgebende bei Kontrollen keine vollständige Dokumentation der Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten vorweisen, drohen im Zusammenhang mit dem Mindestlohn empfindliche Bußgelder in Höhe von bis zu 30.000 Euro. Zusätzlich zu den Bußgeldern können Unternehmen auch zur Zahlung von Entschädigungen verpflichtet werden, um die finanziellen Einbußen der betroffenen Beschäftigten auszugleichen.
Ebenso werden Arbeitgebende konsequent zur Verantwortung gezogen, wenn sie den gesetzlichen Mindestlohn nicht einhalten. Bei der Zahlung von Löhnen unterhalb des Mindestlohns drohen drastische Strafen von bis zu 500.000 Euro. Darüber hinaus können Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer persönlich haftbar gemacht werden und sich strafrechtlichen Konsequenzen gegenübersehen, einschließlich einer möglichen Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.
Diese Maßnahmen unterstreichen die Ernsthaftigkeit der Gesetzgebung zum Mindestlohn und sollen sicherstellen, dass Arbeitgebende ihre Pflichten gegenüber ihren Beschäftigten ernst nehmen und die gesetzlichen Mindeststandards einhalten. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass Unternehmen ihre Arbeitszeiten genau dokumentieren und sicherstellen, dass alle Beschäftigten den ihnen zustehenden Mindestlohn erhalten.